„Es gibt hier keinen Zweifel: Wenn ein Emittent seine vertraglichen Verpflichtungen – inklusive der vereinbarten Währung – nicht erfüllt, würden wir das als Default werten“, sagt Moritz Krämer, Leiter für europäische Staatsratings bei Standard & Poor’s (S&P). Kann ein Land Anleihen nicht wie versprochen in Euro zurückzahlen, entspräche dies also einem Zahlungsausfall. In Frankreich würde das die größte formelle Staatspleite aller Zeiten bedeuten.
Anleger bekommen das Wahljahr in Frankreich schon jetzt zu spüren, doch noch spiegeln die Märkte noch keinen Zerfall der Euro-Zone wider. Zwar ist die Rendite der zehnjährigen französischen Staatsanleihe mittlerweile auf ein Prozent und der Risikoaufschlag – also der Renditeabstand zu Bundesanleihen – auf zeitweise mehr als 0,7 Prozentpunkte gestiegen. Doch der Wert ist noch weit entfernt vom Risikoaufschlag zu den Hochzeiten der Euro-Krise Anfang 2012.
Was bedeutet das für den Anleihemarkt?
Frankreich müsste sehr viel mehr für neue Anleihen bezahlen, da Investoren wegen der Unsicherheit deutlich höhere Renditen verlangen würden. François Vilhau de Galhau, Chef der französischen Notenbank, rechnet damit, dass der Staat nach der Wiedereinführung des Franc pro Jahr rund 30 Milliarden Euro mehr Zinsen für neue Anleihen zahlen müsste. Da Frankreich nach Deutschland der zweite große Anker in der Euro-Zone ist, sind Investoren dadurch natürlich verunsichert und in Risikostellung. Je näher die Wahl rückt, desto nervöser werden Anleger.
„Überreaktion“ der Märkte?
Der sozialliberale Präsidentschaftskandidat und Euro-Befürworter Emmanuel Macron hält die aktuell gestiegenen Risikoaufschläge französischer Anleihen jedoch für eine „Überreaktion“ der Märkte. Sie hatten den Brexit und den Sieg Trumps in den USA nicht kommen sehen, jetzt wollten sie schneller sein als das nächste Beben. Macron ist aber der festen Überzeugung: „Frankreich scheidet nicht aus dem Euro aus, weil die Franzosen das nicht wollen.“
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