So paradox es auch klingen mag, aber der zurzeit über Florida rasende Hurrikan „Irma“ könnte sich als Glücksfall für die deutschen Rückversicherer erweisen. Zwar ist sicher, dass sich die Schäden durch Sturm und Hochwasser auf mehrere Milliarden Dollar belaufen werden, doch könnte „Irma“ dem in der Branche seit Jahren unaufhaltsamen Preisverfall ein Ende machen. Beim jährlichen Rückversicherer-Treffen in Monte Carlo ist die Hoffnung darauf zumindest hoch.
Aktien der Rückversicherer im Hoch
Kurssprünge dominieren seit dem Aufkommen von „Irma“ & Co. den aktuellen Finanzmarkt. Die Aktien der weltweit größten Rückversicherer Munich Re, Swiss Re und der Hannover Rück konnten an diesem Montagvormittag um mehr als vier Prozent zulegen. Damit setzten sich die Rückversicherer an die Spitze der jeweiligen Aktien-Indizes. Grund für die Zunahme sind wohl die von den Versicherern trotz der Hurrikans erwarteten positiven Gewinnprognosen.
„Wir erwarten, dass unsere Gewinnprognose von mehr als einer Milliarde Euro weiterhin gilt“, sagte der Chef der Hannover Rück Ulrich Wallin am Montag in Monte Carlo.
Es gäbe laut Angaben des Rückversicherers keine Anzeichen dafür, dass die von Irma verursachten Schäden das Großschaden-Budget des Unternehmens sprengen würden. Dieses beläuft sich im Jahr 2017 auf 825 Millionen Euro. Zudem besitzt die Hannover Rück in den Katastrophengebieten Florida und auch in dem von Harvey heimgesuchten Texas nach eigenen Angaben lediglich einen Marktanteil von unter zwei Prozent. Auch der Weltmarkführer Munich Re ist in Florida nicht mehr stark vertreten. Der Preiskampf hatte das Geschäft mit den Versicherungen unattraktiv gemacht.
„Irma“ stoppt den Preisverfall
Die Rückversicherer übernehmen hohe Risiken von Erstversicherern wie beispielsweise der Allianz, AXA und anderen Versicherungen. Diese können sich einen Teil ihrer Geschäfte dadurch ebenfalls absichern lassen. Das jährliche Treffen in Monte Carlo wird vor allem zu preisbezogenen Vertragsverhandlungen genutzt, um neue Konditionen für das kommende Jahr zu verhandeln. Bis zuletzt hatten vor allem die geringen Katastrophenschäden den Erstversicherern die Argumentation für eine Preissenkung beim Rückversicherungsschutz erleichtert.
Im Zuge der von Irma verursachten Schäden hoffen die Rückversicherer nun auf ein mögliches Ende des Preisverfalls. Die Swiss Re geht vor allem bei der Absicherung von Gebäuden und Fahrzeugen von einer Stabilisierung des Preises aus. Eine weltweite Preiswende wollten die Versicherer jedoch nicht prognostizieren.
Was der Hurrikan anrichtet
Der auf Risikoanalysen spezialisierte Versicherungsdienstleister AIR Worldwide hat Kosten der versicherten Schäden in den USA und in der Karibik auf etwa 20 bis 65 Milliarden US-Dollar geschätzt. Und es ist noch Luft nach oben, denn zum Schätzungszeitpunkt hatte Irma Florida noch nicht erreicht. Stimmen die Berechnungen dürfte „Irma“ einer der größten Tropenstürme sein und noch teurer als Hurrikan „Harvey“ (62 Milliarden US-Dollar) werden.
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